(ii) Transversale raum-zeitliche Dynamik in einer resonanten Tunneldiode

Abbildung 4: Energieschema einer resonanten Tunneldiode (DBRT). Nach [25]
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Abbildung 5: Chaotisches Spiking (a) und Breathing (b) der Stromdichtemuster der DBRT. Gezeigt sind jeweils das Raum-Zeit-Muster der Elektronendichte, die Projektion des Phasenportraits auf die globale Strom-Spannungs-Ebene und die Zeitserie der Spannung $ U$ . Parameter: $ \epsilon =16.5$ (a) und $ \epsilon = 9.1$ (b). Nach [37].
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Das Energieschema einer resonanten Tunneldiode (DBRT) ist in Abb. 4 dargestellt. Die Elektronen tunneln dabei vom Emitterkontakt durch die linke Barriere in den Quantentopf und von dort durch die rechte Barriere in den Kollektor. Als dynamische Variablen treten hierbei die ortsabhängige Elektronenkonzentration im Quantentopf $ a(x,t)$ (Aktivator), sowie die an der Tunneldiode anliegende elektrische Spannung $ u(t)$ (Inhibitor) auf (jeweils in dimensionslosen Einheiten), wobei $ x$ die transversale Ortskoordinate senkrecht zur Stromtransportrichtung ist. Nachdem in unserer Arbeitsgruppe bereits Vorarbeiten zur transversalen Dynamik geleistet worden waren [6,8], wurde im Berichtszeitraum zunächst die Berechnung der Tunnelströme $ J_{ew}$ und $ J_{ec}$ mikroskopisch fundiert [16]. Erweitert man das Modell wiederum durch Kontrollkräfte $ F_a$ , $ F_u$ , so erhält man in geeigneten Einheiten ein Gleichungssystem von der Form

$\displaystyle \frac{\partial a}{\partial t}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{\partial }{\partial x}
\left(D(a)\frac{\partial a}{\partial x}\right) + f(a,u) - KF_a(x,t),$ (8)
$\displaystyle \frac{du}{dt}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{1}{\varepsilon}
\left(U_0 - u - r \langle j \rangle\right)- KF_u(t).$ (9)

Hierbei characterisiert die nichtlineare Funktion $ f(a,u)$ die Differenz der beiden ein- und auslaufenden Tunnelströme $ J_{ew}$ , $ J_{ec}$ und $ D(a)$ ist ein effektiver Diffusionskoeffizient. Gleichung (9) beschreibt die globale Kopplung des Systems durch eine Beschaltung mit einem Widerstand $ r$ bei einer externer Spannung $ U_0$ . $ \epsilon $ ist ein Zeitskalenparameter und $ \langle j \rangle$ ist die räumlich gemittelte Stromdichte. Dieses Reaktions-Diffusions-System ist von derselben Struktur wie das in (i) untersuchte, führt aber im Gegensatz zu jenem nicht zu einer $ S$ - sondern zu einer $ Z$ -förmigen Strom-Spannungs-Charakteristik.

Bei ausgeschalteter Kontrolle $ K=0$ fanden wir im bistabilen Regime transversale Schaltfronten [26], im anregbaren Regime stochastisch getriggerte Pulsfolgen [25] und im oszillatorischen Regime Szenarien mit atmenden Stromfilamenten und raum-zeitlichem Spiking [16]. Unsere Untersuchungen in Kooperation mit P. Rodin (St. Petersburg) zeigten, dass das dynamische Verhalten der DBRT chaotisch werden kann, wenn das Bauteil in einem aktiven Stromkreis betrieben wird [37]. Formal wird dies durch die Wahl eines negativen $ r$ in Gl. (refeq:u) erreicht. Hierbei konnten wir sowohl atmendes als auch spikendes chaotisches Verhalten nachweisen, wie in Abb. 2 dargestellt. Das vollständige Bifurkationsdiagramm in Abb. 2 zeigt ein komplexes Bifurkationsverhalten, welches wir in [25] näher untersucht haben.

Abbildung: Bifurkationsdiagram der Spannungsmaxima und -minima als Funktion des Zeitskalenparameters $ \epsilon $ . Dick gepunktete Linie: räumlich-homogene Lösung, dick gestrichelte Linie: periodisches Breathing, dicke durchgezogene Linie: periodisches Spiking. Nach [25]
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Abbildung: Kontrolle eines instabilen periodischen Orbits mit Hilfe des lokalen Kontrollschemas ohne Spannungsrückkopplung für $ \epsilon = 9.1$ . (a) Kontrollgebiet in der $ K$ -$ R$ Ebene. $ \bullet $ bedeutet erfolgreiche Kontrolle, $ \cdot $ keine Kontrolle, durchgezogene Linien: analytisches Resultat nach (5). (b) Die größten Realteile $ \Lambda $ des Floquet Spektrums in Abhängigkeit von $ K$ ($ R=-0.55$ ). Gepunktete Linien bedeuten komplex konjugierte Paare von Eigenwerten. Nach [25]
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Wir betrachten nun den Fall mit eingeschalteter Kontrolle $ K\neq 0$ [25]. Das Ziel war hierbei, die Effektivität verschiedener Kontrollverfahren zu vergleichen. Als Ausgangspunkt diente wieder die theoretisch gut verstandene diagonale Kontrolle $ F_u=F_{\text{vf}}$ , $ F_a=F_{\text{loc}}$ , wobei $ F_{\text{vf}}$ und $ F_{\text{loc}}$ analog zu (3) und (4) berechnet werden. Wie schon für das generische Modell in (i), konnten wir auch für das DBRT-Modell die analytische Bedingung für erfolgreiche Kontrolle (5) numerisch exakt reproduzieren [25].

Abbildung 8: Wie Abb. 7, aber mit einer rein spannungsgesteuerter Kontrolle. Nach [25].
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Bei lokaler Kontrolle ohne Spannungsrückkopplung, d.h. $ F_u=0$ , $ F_a=F_{\text{loc}}$ , deformiert sich der Kontrollbereich wie in Abb. 7(a) dargestellt. Als sehr nützlich für die Bifurkationsanalyse erwiesen sich hierbei Floquetdiagramme wie in Abb. 7(b). In diesem Fall ergibt sich z.B. aus dem Floquetdiagramm sofort, dass der linke Rand des Kontrollgebietes mit einer Flip-Bifurkation, der untere und rechte Rand aber jeweils mit Hopf-Bifurkationen assoziiert sind.

Das für die praktische Anwendung geeignetste Kontrollschema ist eine reine Spannungsrückkopplung, $ F_u=F_{\text{vf}}$ , $ F_a=0$ , da hierbei die Kontrolle nur auf die physikalisch leicht zugängliche Spannungsvariable zurückgreift. Für die DBRT gelang es uns, mit diesem einfachen Verfahren einen instabilen periodischen Raum-Zeit-Orbit zu stabilisieren [25]. Das Kontrollgebiet (s. Abb.8(a)) ist allerdings im Vergleich zur diagonalen Kontrolle deutlich kleiner, was auch im zugehörigen Floquetdiagramm (Abb.8) nachvollzogen werden kann. Weitere interessante Kontrollschemata ergaben sich auch durch die Wahl einer räumlich gemittelten Kontrollkraft $ F_a(x,t) = \langle F_{\text{loc}}(x',t) \rangle_{x'}$ [25].

AG Schöll
Institut für theoretische Physik, TU Berlin.